von Alida Gundlach.
Manchmal fass‘ ich es nicht. Es war doch gerade erst, als ich um die wenigen Tiere weinte, die nach ihrer Rettung irgendwann hier in der neuen Familie gestorben sind. Fragte mich wer, konnte ich sagen „leider mussten wir uns in den letzten 4 Jahren von 3 Hunden und 2 Katzen verabschieden.“
Viele Jahre gingen so ins Land.
Schaue ich heute unter „Abschied“ und sehe meine -zigtausend Worte dazu, trauere ich über die lange Reihe von Namen und Schicksalen. Die Zahlen nahmen rapide zu, wir alle wurden älter, auch unsere Vierbeiner … immer öfter holte sich der Tod seine Beute. Meine Tiere, egal, wo oder bei wem sie lebten. Jedes Einzelne habe ich befreit und versorgt, jedes Einzelne im Elend als Erste an mein Herz gedrückt, jedem Einzelnen eine gute Zukunft versprochen und egal, wie viele es wurden, kann ich bis heute jedes Einzelne mit allen Bildern und seiner persönlichen Geschichte abrufen. Oft konnten wir sie bis zum Schluss begleiten, Anteil nehmen, manchmal auch Einfluss, und dadurch Schlimmes verhindern. Mich trifft es hart, wenn wir bei der sporadischen Kontaktpflege die vollendete Tatsache hören: Tot! Ja, es ist ein Vertrauensbruch, ein Vertragsverstoß, aber endgültig und irreversibel. Mein Abschiedsbrief wird dann der Schnitt meiner unsichtbaren Nabelschnur.
Jetzt schmerzt mich zutiefst der Tod von MARVIN und LUCAS, der vieles deutlich macht. Marvin hatte bei Sabine ein erfülltes Leben mit 2 Artgenossen. Ein Todeskandidat, der durch 10 wunderbare Jahre tobte und im 16. eingehüllt in Liebe starb. Lucas hingegen befreite ich erst am 5. November vor der großen Tötungswelle in Spanien. Da war er der Kleinste und Dünnste: 4 Jahre, 28 cm, 7 kg. Als ich ihn umgeben vom Geruch aus Angst und Tod aus dem Käfig holte, wirkte er scheu und verbittert. Wer wäre das nicht in seiner Lage? Stephanie nahm ihn als Pflegemama in ihre liebevollen Arme, und ihre beiden Zauberhunde taten es ihr gleich.
5 Monate lernte LUCAS ein Hundeleben kennen, wie man es jedem wünscht. Geliebt, beschützt, beschäftigt, versorgt. Er nahm täglich Neues auf und genoss jede Minute. Diese Zeit zählt doppelt und dreifach, denn unser lieber, tapferer Freund hat uns verlassen. Lucas kam krank zu uns, seine Nieren geschädigt, andere Organe und das Immunsystem geschwächt. Wir haben alles für ihn getan – auch Stephanie verlor nie die Zuversicht, aber zuletzt zählten vor allem die Liebe und die Würde, in denen er über den Regenbogen gehen konnte. 5 geschenkte glückliche Monate mit einem friedlichen Ende im vertrauten Arm statt einer qualvollen Hinrichtung durch eiskalte Mörder.
Auch NAYARAs liebster Mensch Ute ist viel zu früh gestorben – dadurch verlor die sensible Podenca urplötzlich alles und wir wirbelten, um das nicht nur zu verkraften, sondern auch zu helfen.
Mein Herz ist ein riesiger Trauerklumpen! Schon stark angeknackst durch den Tod lieber Freunde, die Sorge um Familienmitglieder mit beängstigenden Prognosen, dazu eine eigene Verletzung. Auch die allgemeine Entwicklung drückt aufs Gemüt. Diese dunkle Phase gibt mir das Gefühl, als löse sich alles auf, ein Hinweis auf die Endlichkeit, die man im vollen Alltag gern vergisst. Das Leben ist eben ein kurvenreicher Weg auf den Tod zu… und Menschen, für die Pillepalle wichtig ist, kann ich im Moment einfach nicht ertragen.
Umso wichtiger wird die Freude am Leben. Eine Freude, die ich glücklicherweise mit derselben Intensität spüren kann wie Kummer und Schmerz. Eine Freude, die hilft, Verluste zu verkraften. Wie sollte man es sonst ertragen? Also schaue ich auf geliebte Menschen und das bunte Tierleben um mich herum, mache mir das Erreichte bewusst und zwinge mich zumindest zeitweise, dass die Trauer hinter der Freude versinkt. Im Aufmuntern und Selbst-Motivieren sind wir Tierretter Experten, sonst könnten wir gar nicht durchhalten und immer weitermachen.
Lucas mit Stephanie Marvin mit Sabine Ute mit Nayara