
Ach Gina, wie oft habe ich versucht, für Dich ein Zuhause zu finden. Kaum ein Jahr alt, nahmen wir Dich verletzt im spanischen Refugio auf. Und da bist Du jetzt seit 5 Jahren. Kein Jubiläum zum Feiern, denn Du wärst lieber woanders. Scheu und ablehnend, wie Du da hocktest, übersah man Dich einfach in Deiner Ecke, so dunkel, grimmig und mit abgewandtem Kopf. Keiner wollte Dich.
Als ich länger vor Ort war, haben wir einander beobachtet. Ich setzte mich Dir gegenüber, manchmal wortlos, manchmal las ich Dir vor. Anfangs war Dein „hau ab, ich will dich nicht“ deutlich zu hören, doch es gab Momente, da klopftest Du ganz kurz mit dem Schwanz auf den Boden und sofort hüpfte mein Herz vor Freude. Sami, der neue Helfer, hatte Dich so vorgestellt: „Lass die bloß in Ruhe, die spinnt und will mit keinem was zu tun haben“. Vielleicht spinnt ja Sami, vielleicht will er gern was mit seinen Feinden zu tun haben? Du siehst, bei uns Menschen ist auch vieles in Unordnung, doch das weißt Du längst.
Ich brachte Dir Futter und ging. Tagaus, tagein. Bis ich mit Zeus ankam, dem großen alten Zottel, auch ein Dauerbewohner ohne jede Anfrage, den ich als Besuch für Dich mitnahm. Das hat Dir gefallen, auch wenn Du kaum was zeigtest. Aber zum ersten Mal folgtest Du ihm raus auf die Wiese. Ich war Dir egal. Bis Du eines Morgens neben mir standst … mit klarem Signal „ich will raus, aber rühr mich nicht an!“ Sehr wohl, Prinzessin. Draußen konntest Du entspannt toben, Dich mit Zeus wälzen, Dich wie blöd freuen, nur Dein Text für mich hieß: „Der ist Klasse, bleib Du mir vom Leib.“
Dann war ich eine Weile weg und hab Dich weiß Gott nicht vermisst. Doch zurück führte mein erster Weg zu Dir. Nie werde ich diesen Tag vergessen. Es stürmte und tropfte, was auch in Spanien vorkommt. Wie vorher brachte ich Dich zusammen mit Zeus nach draußen. Wie vorher bist Du gleichgültig an mir vorbei getrabt. Ob ich mitkam, war Dir schnuppe. Liebevolles Rennen mit Zeus. Und dann das Wunder. Zeus schnüffelte noch herum, als Du urplötzlich direkt auf mich zuliefst.
Hä? Will sie jetzt aggressiv werden, oder was soll das? Noch mitten im Gedanken wurde meine Hand feucht, Deine Nase lag darin, die Zunge berührte meine Finger. Starr wie Statuen standen wir im Regen, wohl beide erschreckt. Ach Gina, was soll ich sagen? Mein Körper voller Gänsehaut, mein Herz voller Liebe. Freunde. Du und ich – wir sind jetzt Freunde. Nun wird alles anders. Dein Blick folgte mir, Du wedeltest, wenn Du mich sahst … eine Bindung für immer.
Aber ich bin so blöd gewesen, Gina, ich habe solche Fehler gemacht, für die ich mich entschuldigen muss. Darüber berichte ich nächste Woche.