Auch als Nachkriegskinder, die Trauer und Entbehrungen kennen, erinnern wir uns nicht an eine derartig große Anteilnahme. Wenn man mit Fremden spricht, weint man gemeinsam; jeder will irgendwie helfen! Der tägliche Krieg in der Ukraine drückt schwer auf den Alltag, noch belastender sind die Einzelschicksale, von denen wir hören.
Am Tag 1 und 2 konnten wir an der deutsch-polnischen Grenze noch was bewirken, die Ankunft von Flüchtlingen mit und ohne Tiere war überschaubar. Jetzt hat der Menschenstrom so zugenommen, dass wohl nur noch die Groß-Organisationen das Ganze überblicken. Trotz Einreise-Erleichterung für Mensch und Tier sind Registrierungen nötig, die Warteschlangen endlos. Und fast jede ankommende Frau, mit der wir Englisch sprechen können, erzählt uns, dass sie zu Verwandten oder Freunden will – Deutschland ist nicht für alle das Ziel.
Anzhela aus Lwiw hält kraftlos ihren Sohn im Arm, die Hündin an der Hand und sagt: „Mein Vater ist Chorleiter, mein Mann Lehrer; keiner hat je eine Waffe gehalten. Und nun müssen sie auf andere schießen, sind selbst in Todesgefahr. Der Abschied war grausam“. Sie weint und versucht es aufzuhalten, um ihr verstörtes Kind und das unruhige Tier nicht noch mehr zu ängstigen. Auch wir kämpfen schon Stunden gegen unsere Tränen. Die 3 haben wir sehr gut bei Freunden untergebracht, doch Anzhela will bald weiter zu ihrer Tante nach Patras. In Griechenland leben bereits viele Ukrainer, die ihre Verwandten erwarten. Die Hündin soll vielleicht bei uns in Pflege bleiben, bis sie „nach Hause zurück“ kann. Ob und wann wird das sein?
Maria hat mit ihrer 75jährigen Mutter, 2 Kindern und Katze Missy Kiew verlassen, nachdem sie sich 5 Tage in einem Keller vor Bomben verstecken mussten. Auf der Flucht fand Bohdan, der 12 jährige Sohn, einen winselnden Hund in einem Bach. Ein heller Labrador, den die Familie auch noch mitnahm. Bei der Ankunft wurden sie von den Maltesern liebevoll betreut. Für den Hund steuerten wir Halsband, Geschirr und Leine bei. Futter und Wasser sowieso – wie für alle Vierbeiner in unserem Umkreis.
Es hat uns sehr berührt, dass zahlreiche Flüchtende ihr Haustier bei sich behielten.
Die meisten Ankömmlinge sind geschwächt, durchgefroren, dehydriert, manche erkrankt. Auch den Vierbeinern geht’s schlecht. In der Ukraine waren vielerorts Strom, Heizung, Wasser ausgefallen – nun suchen die Menschen hier Schutz und Versorgung. Das wird in einem überwältigenden Maß gewährt, so dass die Behörden und auch viele Organisationen KEINE Hilfsangebote mehr annehmen. Es ließe sich nicht mehr koordinieren. Vom Fahrer, der bereit war, aus dem Kriegsgebiet Tierschützerinnen mit ihren Hunden und Katzen rauszuholen, haben wir nur sachliche Kurznachrichten, aber noch keine Erfolgsmeldung. Doch wir sind zuversichtlich.
Voller Freude berichten wir, dass wir für 11 Menschen aus der Ukraine mit ihren Kindern und Tieren ein gutes, liebevolles „Zuhause“ fanden, und weitere 6 Einzelhunde und 4 Katzen unterbringen konnten. 3 Plätze stehen noch bereit. Außerdem haben wir mehrere große Pakete mit wichtigen Hilfsgütern verschickt.
Nach durchwachten Nächten, langen Fahrten, starken Emotionen und viel Organisation gönnen wir uns etwas Abstand – bis zum nächsten Einsatz, zur nächsten Information.