
Wir sind enge Freunde geworden, Gina! Du und ich. Aber ich habe Mist gebaut, auch wenn ich Dir nur helfen wollte. Du solltest ein Zuhause kriegen, geliebt werden, nicht im Shelter bleiben mit Deinem Vergangenheits-Bündel aus Angst und Schrecken. Auch wenn die Helfer Dich öfter mit Deinem einzigen Freund Zeus gemeinsam ins Gehege brachten, sodass ihr sogar außerhalb der Wiese zusammen sein konntet.
Andere als ihn und mich mochtest Du nicht, niemand durfte Dich anfassen, sonst hast Du schon mal die Zähne gefletscht. Ich war seltener da und wollte Dich gern in fürsorglichen Händen wissen, darum suchte ich gezielt nach einer Familie für Dich. Man hat uns nicht umgerannt, aber einige wollten Dich doch kennenlernen. Himmel, was habe ich mir bloß dabei gedacht, wo ich doch wusste, wer und wie Du bist. Ich kann mich gar nicht oft genug bei Dir entschuldigen.
Du bekamst einen Maulkorb um, wurdest fremden Leuten vorgestellt, bist mit denen missmutig und störrisch spazieren gegangen, Dein vorwurfsvoller Blick immer zu mir: Verräterin, Feindin! Ja, Du hast Recht und ich schäme mich sehr dafür. Letztlich wollte Dich auch keiner dank Deiner knurrenden Abwehrabteilung. Und ich kapierte endlich, was Du mir die ganze Zeit gesagt hast: „Keine Fremden mehr, kein Maulkorb, kein Leben ohne Zeus und möglichst auch kein Leben ohne dich.“ So oft ich konnte, war ich bei Dir und jedes Mal fielst Du fast um vor Freude. Du hast mir verziehen; Freunde bleiben eben Freunde, selbst nach einer Enttäuschung.
Trotzdem, Gina, wie sollte es weitergehen? Ich wusste, dass Du das Umfeld gern verlassen hättest. Die vielen anderen Hunde, vor allem die Leute, die kamen und ein Riesengekläffe auslösten. Das alles fandst Du blöd, mochtest es lieber ruhig und geordnet. Doch mitnehmen konnte ich Dich nicht … die Umstände wären ähnlich geblieben.
Tja, meine Schöne, wir haben so viel erlebt, so viel geteilt. Du hast mich weinen, lachen, albern und krank gesehen, genau wie ich Dich. Wer außer Zeus und mir weiß schon, wie lustig Du sein kannst und wie zärtlich. Klar, auch übellaunig, aber wer ist das nicht mal… Du bist was ganz Besonderes, ich finde Dich wundervoll und will jeden Weg mit Dir gehen. Mit Dir und Zeus.
Es wird Zeit, über Elke zu sprechen: Eine liebe Freundin, die nah bei mir wohnt, im kleinen Haus mit schönem Garten. Inzwischen verwitwet und in Rente. Entschlossen schnappte sie sich ihr Wohnmobil und fuhr nach Spanien, wo wir eine ganze Weile alles zusammen mit Dir und Zeus machten. Dabei wechselten wir uns ab und Du zeigtest wieder Deine Superklasse. Zwar war Dein Elke-Start sperrig, aber ohne Dein übliches tiefes Grollen Fremden gegenüber. Dir war gleich klar, dass sie zu mir gehört, und das hast Du Schlaukopf als Bonus gewertet. Als ich abfuhr, blieb Elke bei euch, übernahm meinen Part, unseren Rhythmus und Deine gewohnte Routine.
Ich weiß, Gina, der Tag Deines 5-jährigen Jubiläums war kein Grund zum Feiern, aber das Jubiläums-JAHR auf jeden Fall. Kurz nach Deinem 6sten
Geburtstag sind wir umgezogen. Nicht in Boxen oder Kisten, nein, alle vier im Wohnmobil. Viel Gepäck gab’s ja nicht, also konnten wir uns ausbreiten und das Beisammensein zwischen Barcelona, Lyon, Richtung Norden in Ruhe mit vielen Pausen genießen. Genauso wie Du es magst.
Jetzt lebst Du, meine geliebte Gina, gemeinsam mit Zeus bei Elke, und wir besuchen uns gegenseitig so oft, dass wir uns mehr sehen als je zuvor. Freunde für immer!